Energie und Klima
Highlights ifo Jahresbericht 2021 – Klimawandel und Ressourcenknappheit stellen die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Das ifo Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen fokussiert sich auf ökonomische Fragestellungen rund um den Klimawandel – und setzt sich für Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein. Im Folgenden eine Auswahl der Highlights aus dem Jahresbericht 2021.
Kohlenstoffemissionen: Längere Pendelfahrten durch Homeoffice
Mit der Covid-19-Pandemie haben sich Mobilitätsmuster in den Städten tiefgreifend verändert, unter anderem, weil die Menschen viel im Homeoffice gearbeitet haben. Diese Entwicklung hat die Hoffnung geweckt, dass die Kohlenstoffemissionen sinken, wenn dauerhaft weniger gependelt wird. Die Ergebnisse unserer Forschung bremsen diesen Optimismus: Mittelfristig schaffen sich Menschen, die weniger pendeln, auch weniger kraftstoffeffiziente Fahrzeuge an. Mehr Homeoffice macht zudem einen Umzug aufs Land attraktiver, wo die Mieten günstiger sind. Die Pendeldistanzen werden länger, und die Emissionen steigen im Vergleich zur anfänglichen Homeoffice-Reduktion wieder an. Diese Veränderungen machen 84 bis 90% der anfänglichen Umweltvorteile zunichte. Wichtig zu wissen für die Politik: Verbindliche Regeln zum Kraftstoffverbrauch bremsen den Wechsel zu ineffizienten Fahrzeugen, verschärfen aber die langfristige Zunahme der Pendelstrecke. Bei Flottenverbrauchsstandards senken die Hersteller u.a. die Preise für sauberere Autos auf Kosten der Käufer*innen von schmutzigeren Fahrzeugen.
Geoengineering: Im Alleingang das Klima managen?
Geoengineering ist eine Option, dem klimabedingten Temperaturanstieg zu begegnen. In diesem Projekt analysierte ein Forscherteam Maßnahmen, die Sonneneinstrahlung zu beeinflussen. Hierfür werden kleine Schwebeteilchen, etwa Schwefel, in die Stratosphäre eingebracht. Ähnlich wie nach großen Vulkanausbrüchen reflektieren diese einen Teil des Sonnenlichts zurück ins All und können so die globale Temperatur senken. Im Vergleich zu den absehbaren Klimaschäden sind diese Maßnahmen kostengünstig, so kostengünstig sogar, dass einzelne Regionen oder Länder die globale Temperatur im Alleingang regulieren können. Allerdings geht auch Geoengineering mit Risiken einher. Der Beitrag verbindet jüngste Ergebnisse zur Effektivität von schwefelbasiertem Geoengineering mit einer integrierten Bewertung von Klimawandel. In einem zentralen Szenario haben einzelne Länder, wie z.B. China oder die USA, Anreize, den Temperaturanstieg im Alleingang abzuschwächen. Fast alle Regionen, auch Europa, profitieren, nur Russland verliert. Allerdings bevorzugen die meisten Regionen – bis auf Afrika und Indien – ein geringeres Maß an Geoengineering. Gleichzeitig reduziert Geoengineering weltweit den Anreiz, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, dieser Effekt ist jedoch in der nahen Zukunft gering.
Extremwetterereignisse: Hochwasserrisiken treffen Hausbesitzer ungleich
Das Hochwasser, das Deutschland im Juli 2021 heimsuchte, beschädigte tausende von Gebäuden. Es zeigte deutlich die potenziellen Kosten des Klimawandels: Häufigere und extremere Wetterereignisse können zu höheren Versicherungsprämien, mehr Investitionen in den Hochwasserschutz und einem beschränkten Zugang zu Krediten führen. Mit Hilfe von Daten aus dem Vereinigten Königreich untersuchten wir, wie sich die Risikoverteilung zwischen Hochwasser- und Nicht-Hochwassergebieten auf den Hypotheken- und Versicherungsmarkt für Immobilien auswirkt. Die Ergebnisse: Die Hauptnutznießer der Risikoverteilung sind die Eigentümer teurer Immobilien in Gebieten mit höherem Durchschnittseinkommen. Die Einführung einer subventionierten Versicherung 2016 scheint negative Auswirkungen des Hochwassers auf die Immobilienpreise ausgeglichen zu haben. Das durchschnittliche Ausmaß dieser Auswirkungen ist zwar begrenzt, aber nicht zu vernachlässigen. Es kann sich verstärken, wenn extreme Wetterereignisse häufiger werden. Auf dem Hypothekenmarkt kalkulieren die Banken negative Auswirkungen von Überschwemmungen auf die Immobilienpreise nicht vollständig ein.
Politikberatung: Mitgestalter der wirtschaftspolitischen Debatte
Den Weg in eine nachhaltige Zukunft freimachen
In einem offenen Brief haben sich führende Wissenschaftler*innen verschiedenster Disziplinen an die Bundespolitik gewandt und eine Strategie für den zügigen Übergang zu Klimaneutralität bei gleichzeitigem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und der Vermeidung sozialer Spaltungen gefordert. Zu den Unterzeichner*innen gehört auch Prof. Dr. Karen Pittel, Leiterin das ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen.
„Die neue Bundesregierung muss auf die neue Klimapolitik der EU reagieren. Wenn das neue EU-Emissionshandelssystem eingeführt wird, sollte der nationale CO₂-Preis abgeschafft oder zumindest grundlegend reformiert werden.“
Prof. Dr. Karen Pittel, Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen