Bildung und Digitalisierung
Highlights ifo Jahresbericht 2021 – Der Ausbau digitaler Kompetenzen im ganzen Bildungssystem, ein vereinfachter Regulierungsrahmen für die Digitalwirtschaft und die Folgen der Pandemie für die Bildung sind unsere Fokusthemen in der Bildungsökonomik.
Bildungsbarometer: Bildungssystem muss digitaler werden
Das ifo Bildungsbarometer ermittelte, welche bildungspolitischen Maßnahmen die Teilnehmenden befürworten, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen:
Die Ergebnisse auf einen Blick:
- 74% der Befragten befürworten verpflichtenden Online-Unterricht bei Schulschließungen, um Coronabedingte Lerndefizite abzumildern.
- 83% sind für eine intensivere Betreuung von Kindern aus schwierigen sozialen Verhältnissen.
- 77% der Befragten sind dafür, dass die Schulen auch nach Ende der Pandemie verpflichtend Computer im Unterricht verwenden.
- Über 75% sprechen sich für die Vermittlung von demokratischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kompetenzen an weiterführenden Schulen aus.
- Große Mehrheiten befürworten länderübergreifende Bildungsstandards und regelmäßige Vergleichstests sowie verpflichtende Fortbildungen für Lehrkräfte.
Auf Basis der Erkenntnisse des Bildungsbarometers forderte das ifo Institut von der neuen Regierung, in die Digitalisierung des Bildungssystems zu investieren. Gleichzeitig müssen Bildungschancen benachteiligter Kinder durch frühkindliche, schulische und außerschulische Unterstützung gefördert werden. Deutschlandweite Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie strukturelle und operative Reformen könnten helfen, die Ressourcen im Bildungswesen effektiver einzusetzen. Die Hochschulfinanzierung muss durch nachgelagerte Studiengebühren erweitert und das Angebot an klar zertifizierter Weiterbildung erhöht werden.
„Bildung, Digitalisierung und Klimawandel werden uns noch beschäftigen, wenn die Pandemie längst vorbei ist.“
Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts
Studie: Deutschland mit Nachholbedarf bei der Digitalisierung
Eine Studie für die IHK für München und Oberbayern zeigt, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Digitalisierung nur im Mittelfeld liegt. Die ifo-Wissenschaftler*innen schlagen den Ausbau digitaler Kompetenzen im ganzen Bildungssystem, einen vereinfachten Regulierungsrahmen für die Digitalwirtschaft, weniger Bürokratie und bessere Zugänge zu Wagniskapital vor.
Präsentation der Ergebnisse in einer gemeinsamen Pressemitteilung des ifo Instituts und der IHK, in einer Social-Media-Kampagne, die verschiedene Einzelaspekte über einen längeren Zeitraum mit mehreren Tweets gepostet hat, dem ifo Podcast »Wo steht Deutschland bei der Digitalisierung« und als Titelthema einer Ausgabe des ifo Schnelldienstes.
Studie: ifo fordert Ausgleich bildungsökonomischer Pandemiefolgen
In mehreren Studien zeigte das ifo Institut, dass die psychologischen, sozialen und ökonomischen Kosten der Schulschließungen enorm sind. Die Bildungsverluste, die durch die Schulschließungen verursacht werden, wirken ein Leben lang nach. Die ifo-Wissenschaftler*innen forderten Vorrang des Schulunterrichts in der Pandemiebekämpfung. Falls die Schulen doch geschlossen werden müssen, sollte ein verpflichtender Online-Unterricht und eine intensivere Betreuung von Kindern aus schwierigen sozialen Verhältnissen eingeführt werden.
Vorstellung auf zwei Pressekonferenzen, in zahlreichen Pressemitteilungen und in Gastkommentaren von Prof. Dr. Ludger Wößmann, Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Welt und der Süddeutschen Zeitung.
Startchancen: Mentoring-Programme unterstützen benachteiligte Jugendliche
Wie lassen sich die Arbeitsmarktchancen von Jugendlichen aus stark benachteiligten Verhältnissen verbessern? Ein möglicher Ansatz sind Mentoring-Programme, bei denen jungen Menschen ehrenamtlich arbeitende Studierende zur Seite stehen. Aber helfen solche Programme wirklich? Eine Studie des ifo Zentrums für Bildungsökonomik ergab, dass Mentoring-Programme die Schulleistungen sowie die zukünftigen Arbeitsmarktchancen von stark benachteiligten Jugendlichen erheblich verbessern. Dazu untersuchte das ifo Zentrum für Bildungsökonomik das Mentoring-Programm »Rock Your Life!«. Dieses erhöhte die Arbeitsmarktchancen von Jugendlichen insgesamt deutlich und half dabei, die bestehende Lücke bei den Arbeitsmarktaussichten zu den Jugendlichen mit günstigerem sozioökonomischen Hintergrund vollständig zu schließen.
Die positiven Effekte finden sich für alle drei untersuchten Komponenten: kognitive (Mathematiknote), nicht-kognitive (Geduld und Sozialkompetenzen) und motivationale (Arbeitsmarktorientierung) Aspekte. Bei der Mathematiknote verbesserten sich die Teilnehmer*innen des Mentoring-Programms um durchschnittlich 0,42 Notenschritte. Bei Jugendlichen aus günstigen familiären Verhältnissen hat das Programm keine positiven Effekte.
Dies legt nahe, dass Mentoring gerade dort wirken kann, wo es mangelnde Unterstützung der Familie ergänzt. Wiegt man den Nutzen des Programms – gemessen an den Erträgen auf dem Arbeitsmarkt, die stark benachteiligte Jugendliche aufgrund ihrer verbesserten Schulnoten erwarten dürfen – gegenüber den Kosten ab, zeigt sich ein klares Bild: Aufgrund der großen Effekte und relativ niedrigen Kosten des Programms ergibt sich ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 15 zu 1. Mit einem noch stärkeren Fokus auf der Zielgruppe der stark benachteiligten Jugendlichen erhöht sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis sogar auf 31 zu 1. Auch wenn solche Abschätzungen mit vielen Unwägbarkeiten behaftet sind, legt die Größenordnung nahe, dass der Nutzen des Mentoring-Programms um ein Vielfaches überwiegt.