ifo Zentrum für Arbeitsmarkt- und Bevölkerungsökonomik

Ökonomische Unsicherheit und Familie

Hängen Fertilitätsentscheidungen von Paaren von ihren aktuellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt ab? Heiraten Menschen eher in Rezessionen oder in konjunkturellen Boomphasen? Beeinflusst Jugendarbeitslosigkeit das Verhältnis zwischen den Generationen? Um den Zusammenhang zwischen makroökonomischer Lage und familienbezogenen Entscheidungen in Europa besser zu verstehen, hat der Bereich die (Nachwuchs-)Forschungsgruppe EcUFam (Economic Uncertainty and the Family) eingerichtet. Mit einer Vielzahl ökonometrischer Methoden und der Auswertung verschiedener Datensätze erforscht die Gruppe das Ausmaß und die Bedeutung von ökonomisch schwierigen Lagen und Unsicherheit für Familien und ihre Entscheidungen: Ob und inwieweit beeinflusst ökonomische Unsicherheit etwa das Fertilitätsverhalten von Paaren, das individuelle Heirats- und Scheidungsverhalten, die intergenerationalen Beziehungsgeflechte, die Einstellungen zu Geschlechterrollen und die Gesundheit von Kindern? Die Forschungsperspektive ist auf die europäische Ebene gerichtet, und das Forschungsvorhaben wird in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus Italien, Schweden und Großbritannien durchgeführt.

Die Ökonomie der Gewalt gegen Frauen

Gewalt gegen Frauen ist weltweit verbreitet, stellt eine ernste Gefahr für Frauen dar und hat auch für deren Kinder kurz- und langfristige negative Folgen. Häusliche Gewalt, die am häufigsten auftretende Form von Gewalt gegenüber Frauen, ist die globale Hauptursache für Tötungsdelikte an Frauen. Nach Schätzungen werden innerhalb der Europäischen Union 22% aller Frauen im Laufe ihres Lebens Opfer häuslicher Gewalt. In vielen Entwicklungsländern liegt der Anteil betroffener Frauen bei weit über 30%. Vor diesem Hintergrund zielt der zweite Forschungsbereich des Zentrums darauf ab, Antworten auf drei übergeordnete Fragen zu liefern. Im der ersten Fragekomplex geht es um die Entstehungsursachen von Gewalt. Da häusliche Gewalt sowohl innerhalb von Ländern als auch im Ländervergleich unterschiedlich stark verbreitet ist, wird untersucht, inwiefern kulturelle Faktoren, historische Gegebenheiten und Hintergründe diese Unterschiede erklären können. Daraus ergibt sich die Frage nach den Folgen einer sich wirtschaftlich und gesellschaftlich verändernden Lebenswelt: Wie haben sich die umfassenden Verbesserungen weiblicher wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Teilhabe innerhalb des letzten halben Jahrhunderts auf gegen Frauen ausgeübte Gewalt ausgewirkt? Die dritte Frage ist, welche Maßnahmen dazu beitragen können, Gewalt gegen Frauen zu verringern oder zu verhindern. Der Forschungsbereich stellt diese Fragen aus der Perspektive von Industrie- und Entwicklungsländern. Dabei wird ein fundierter theoretischer Rahmen verwendet, der das Ableiten von Hypothesen zulässt und auf dessen Basis empirische Ansätze Anwendung finden, die auf vielfältige einzigartige Datenquellen zurückgreifen und sowohl quasi-experimentelle als auch randomisierte Forschungsdesigns verwenden.

Integration von Einwanderern

Die Nachkommen von Einwanderern zählen zu den am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppen in vielen europäischen Ländern und werden dadurch die Zukunft dieser Gesellschaften entscheidend mitprägen. Eine erfolgreiche Integration von Einwandererkindern ist daher eine der dringlichsten und wichtigsten Aufgaben für den aufnehmenden Sozialstaat. Im Jahr 2015 hat der Bereich in Zusammenarbeit mit externen Forschungspartnern Daten von ca. 4.500 Schülerinnen und Schülern im Alter von 15 Jahren in mehr als 60 Schulen in Deutschland erhoben. Die Jugendlichen in den Schulen nahmen an einer klassischen Befragung und an einem Verhaltensexperiment teil. Diese Datenerhebung ist eine der ersten großangelegten Studien, die Survey-Daten mit Verhaltensexperimenten verbinden. Der Bereich wird diese Daten in den kommenden Jahren auswerten und ein Bild über die Integration der Einwandererkinder in Deutschland zeichnen. In das Untersuchungsfeld aufgenommen werden beispielsweise die Bildungsleistungen, -aspirationen und -erwartungen der Einwandererkinder und deren bürgerschaftliches und soziales Engagement sowie ihre Integration in soziale Netzwerke, die Herausbildung von ethnischer Identität sowie Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit. Die Analyse der experimentellen Daten über die soziale Integration in das Einwanderland wird kausale Rückschlüsse über die (Un- )Wirksamkeit von staatlichen Integrationsmaßnahmen für Einwandererkinder zulassen.

Soziale Auswirkungen von Umweltbelastung

Umweltbelastung ist eines der weltweit drängendsten Probleme und zählt zu den größten Externalitäten wirtschaftlicher Aktivität. Die Auswirkungen von Umweltbelastung auf die Gesundheit, Produktivität und jegliche menschliche Interaktionen sind in ihrem Ausmaß und ihrer Bedeutung nicht klar. Neue Erkenntnisse sind als wichtige Grundlage für politische Entscheidungen unerlässlich. Der Bereich analysiert die Auswirkung von Luft- und Bodenverschmutzung sowie Lärmbelastung auf den Gesundheitszustand und Bildungsstand der Bevölkerung, die frühkindliche Entwicklung, die Produktivität und das menschliche Verhalten. Die Arbeiten werden empirisch durchgeführt, kombinieren Befragungsdaten, administrative Daten und „Big Data“ auf innovative Weise und verwenden aktuelle mikroökonometrische Methoden der kausalen Inferenz.

Prof. Dan Anderberg, Ph.D., Royal Holloway University of London

Prof. Dr. Stefan Bauernschuster, Universität Passau

Prof. Daniela del Boca, Collegio Carlo Alberto

Prof. Gordon B. Dahl, University of California, San Diego

Prof. Dr. Natalie Danzer, Freie Universität Berlin

Prof. Marco Francesconi, Ph.D., University of Essex

Prof. Dr. Uwe Sunde, Ludwig-Maximilians-Universität München

Dr. Martin Braml, LMU München

Dr. Timo Hener, Aarhus University

CESifo Area on Labor Economics