Stellungnahme -

ifo Standpunkt 258: Eine neue Ära Trump und ihre Folgen

Spätestens nach dem „Super Tuesday“ der Vorwahlen am 5. März dürfte Gewissheit bestehen: Donald Trump wird Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner. Und dann? Ein Wahlsieg des unberechenbaren Politikers im November hätte weitreichende Folgen für Europa und den Rest der Welt. Nicht nur in der Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch für den internationalen Handel und die Klimapolitik. 

Bild Clemens Fuest für Standpunkte

In seiner ersten Amtszeit hat Donald Trump lautstark über bilaterale Handelsdefizite der USA geschimpft, vor allem gegenüber China und Deutschland. Damals haben viele Fachleute darauf hingewiesen, dass die Fokussierung auf bilaterale Handelsbilanzsalden unsinnig ist. Nun scheinen die Republikaner und Trump den gesamten Außenhandel ins Visier zu nehmen. Sie wollen Zölle erhöhen, bis das US-Außenhandelsdefizit insgesamt verschwindet. Trump hat angekündigt, dass er alle Importe in die USA mit einem Zoll von 10% belegen will, Importe aus China sogar mit 60%. So sollen mehr Güter und Dienstleistungen in den USA produziert werden und mehr heimische Jobs entstehen. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Trump Importzölle eingeführt, wenn auch nicht flächendeckend. Das US-Außenhandelsdefizit ging dadurch nicht zurück; es lag im gesamten Zeitraum 2016 bis 2020 bei knapp unter 3% des US-Bruttoinlandsprodukts.

ifo Grafik Standpunkt 258 Aussenhandel
ifo Grafik Standpunkt 258 Aussenhandel

Neue Handels- und Klimapolitik?

Wäre das anders, wenn in einer zweiten Amtszeit Trumps tatsächlich Zölle für alle Importgüter steigen? 

Das ist aus zwei Gründen unwahrscheinlich. Erstens würden die Handelspartner der USA Gegenmaßnahmen ergreifen, so dass auch US-Exporte durch Zölle betroffen wären. Wichtiger ist der zweite Grund: Donald Trump wird wie in seiner ersten Amtszeit in der Steuer- und Finanzpolitik einen expansiven Kurs verfolgen, also vor allem Steuern senken und die Staatsschulden in die Höhe treiben. Das hat zur Folge, dass die US-Zinsen steigen und der US-Dollar aufwertet. Die expansive Fiskalpolitik schafft so einen Importsog, der das US-Handelsbilanzdefizit in die Höhe treiben dürfte. Die Europäer dürfen also hoffen, dass die Exporte in die USA weiterlaufen. 

Gleichwohl muss sich die EU für den Protektionismus einer Trump-Administration wappnen und möglichst viele Handelsabkommen mit anderen Staaten und Regionen abschließen, zum Beispiel endlich mit den Mercosur-Staaten. Europa braucht zudem eine Chinastrategie, denn es muss mit Druck aus den USA rechnen, die Wirtschaftsbeziehungen zu China weiter einzuschränken. Das würde vor allem Deutschland treffen, das mehr als andere Länder in China engagiert ist. 

Schwierig wird es sein, mit der Klimapolitik von Donald Trump umzugehen. Er plant, die klimapolitischen Vorstöße der Biden-Administration zu stoppen, aus internationalen Klimaschutzabkommen auszusteigen und die Förderung von Öl und Gas in den USA zu steigern. Hier wird Europa kaum mehr tun können als Trump auszusitzen und währenddessen den Dialog mit den US-Bundesstaaten zu suchen. Viele von ihnen haben eine eigenständige Klimaschutzpolitik. 

Europa muss in eigene Stärke investieren

Besonders groß ist die Sorge, dass Donald Trump die Ukraine weniger unterstützen und von den Europäern verlangen wird, dass sie selbst mehr zu ihrer Verteidigung beitragen. Fairerweise muss man sagen, dass nicht einzusehen ist, warum die USA einen Großteil der Lasten tragen sollen, die mit der Verteidigung der Ukraine und anderer europäischer Staaten gegen Russland verbunden sind.

Die wichtigste Antwort der Europäer auf einen Wahlsieg von Donald Trump wäre allerdings, mehr für ihre eigene wirtschaftliche Stärke tun. In den vergangenen beiden Jahrzehnten ist Europa durch fehlende wirtschaftliche Dynamik und mangelnde Innovationskraft ökonomisch und technologisch im Vergleich zu den USA zurückgefallen. Es ist höchste Zeit, diesen Trend zu stoppen. Wenn Europas Sicherheit und Wohlstand primär davon abhängen, wie die Präsidentschaftswahlen in den USA ausgehen, dann haben wir grundlegende Fehler gemacht.

Der erste Schritt muss nun sein, die eigene wirtschaftliche und militärische Stärke in den Mittelpunkt des politischen Handelns zu stellen. Dazu gehört, die regelbasierte internationale Ordnung mit Partnern zu verteidigen, wo immer das möglich ist. Diese Stärkung zu erreichen, sollte zentrales Thema des Europawahlkampfes und der Politik der nächsten EU-Kommission sein. Dann hätte die Sorge vor einem Wahlsieg von Donald Trump positive Wirkungen entfaltet. Falls er dann die Wahlen verliert, hätte er Europa unbeabsichtigt einen Dienst erwiesen.

Clemens Fuest 
Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft
Präsident des ifo Instituts

Erschienen unter dem Titel „Stärken wir unsere Stärken!“, WirtschaftsWoche, 1. März 2024

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