Stellungnahme -

ifo Standpunkt Nr. 184: Was es uns kostet, wenn Donald Trump Ernst macht

Freihandel? Offene Märkte? Diese Forderungen haben derzeit keine Konjunktur. Stattdessen könnten 2016 und 2017 in die Wirtschaftsgeschichte eingehen – als Jahre, in denen die globale Wirtschaftspolitik einen drastischen Kurswechsel in Richtung Protektionismus eingeleitet hat. Der Auftakt dazu war das Brexit-Votum der Briten, bisheriger Höhepunkt die Entscheidung der Amerikaner, mit Donald Trump einen Präsidenten zu wählen, der sich offen zur Abschottung bekennt.

Bild Clemens Fuest für Standpunkte

Vor allem für Deutschland ist das bedrohlich, weil der internationale Handel für unsere Volkswirtschaft bedeutender ist als für die meisten anderen Staaten. Die Ausfuhren betrugen 2016 rund 38 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In anderen Ländern vergleichbarer Größe ist dieser Anteil kleiner, in Frankreich etwa beträgt er 21 Prozent, in Großbritannien nur 15 Prozent. US-Handelsschranken hätten für den deutschen Außenhandel erhebliche Konsequenzen – zumal die USA unser größter Exportmarkt sind. 2016 verkauften deutsche Unternehmen dort Güter im Wert von 107 Milliarden Euro.

Auch wenn Donald Trumps Rede vor dem US-Kongress am Dienstag keine neuen Details zur künftigen Handelspolitik lieferte, so ist doch klar, dass er es mit seiner Abschottungspolitik ernst meint. Er hat das Transpazifische Freihandelsabkommen (TPP) gestoppt und eine Aufhebung der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) angekündigt. Die Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) will er beenden. Er wirft China vor, sich im Handel mit den USA „unfair“ zu verhalten. Deutschland kritisiert er für das hohe US-Defizit im bilateralen Handel.

Mit welchen Folgen wäre zu rechnen, wenn die USA zu Zöllen oder nicht tarifären Handelshemmnissen gegenüber einzelnen oder allen Handelspartnern greifen, um den heimischen Markt abzuschotten? Und was passiert, wenn die Handelspartner sich wehren, es also zu einem Handelskrieg kommt?

Das ifo Institut hat dies in einer aktuellen Studie untersucht. In einem drastischen (aber denkbaren) Szenario führen die USA für Importe aus Mexiko und China einen Zoll von 45 Prozent ein. In diesem Fall wären die Auswirkungen massiv und würden nicht nur Mexiko und China betreffen, sondern auch Drittländer. Die US-Importe aus Mexiko dürften um 58 Prozent sinken, die aus China um 52 Prozent. Der Rückgang würde teilweise durch vermehrte Importe aus vom Zoll nicht betroffenen Ländern ausgeglichen. Die Importe aus der EU etwa würden um elf Prozent zunehmen. Insgesamt ist bei den US-Importen ein Rückgang um acht Prozent zu erwarten.

Und ein Strafzoll droht nicht nur die Importe zu senken, sondern auch den US-Export, weil mehr im Inland abgesetzt wird und das fallende Einkommen im Ausland die Nachfrage nach US-Produkten dort dämpft. Die Ausfuhren der US-Unternehmen sinken in unserem Szenario um 13 Prozent. Noch gravierender wären die Folgen, wenn der Strafzoll für alle US-Handelspartner gilt, also auch für die EU und Deutschland. In diesem Fall wären die Verluste für Mexiko (43 Prozent) etwas und für China (13 Prozent) deutlich geringer, dafür würden die Importe aus der EU um 34 Prozent zurückgehen. Insgesamt lägen die US-Importe um 36 Prozent niedriger als ohne die Strafzölle. Die US-Exporte könnten um 71 Prozent einbrechen.

Wenn die anderen Länder nun Zölle gleicher Höhe auf amerikanische Produkte erheben, droht dem US-Export ein Absturz um 91 Prozent. Das BIP der USA würde bei einem solchen Handelskrieg um sieben Prozent fallen. In anderen Ländern wären die Verluste relativ zur Wirtschaftskraft geringer. In Deutschland etwa, das neun Prozent seiner Exportgüter in die USA verkauft, würde das BIP um 0,5 Prozent sinken.

Sicher: Simulationsanalysen wie diese beruhen auf vielfältigen Annahmen. Sie dienen dazu, Größenordnungen abzuschätzen. Die Berechnungen beinhalten aber drei wichtige Botschaften. Erstens: Protektionismus kann allenfalls den Interessen einzelner heimischer Unternehmen oder Wirtschaftszweige dienen, aber nie dem gesamten Land. Zweitens: Trump vermag, einzelne Länder wie Mexiko oder China durch Protektionismus durchaus unter Druck zu setzen, und dies bei überschaubaren Kosten für die eigene Volkswirtschaft. Und drittens: Bei einem Handelskrieg mit allen Partnerländern wären die USA einer der Hauptverlierer. Deshalb sollten sich die Handelspartner nicht darauf einlassen, internationale Handelsverträge wie die WTO durch bilaterale Abkommen mit den USA zu ersetzen.

Clemens Fuest
Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft
Präsident des ifo Instituts

Erschienen unter dem Titel „Was es uns kostet, wenn Donald Trump Ernst macht“, WirtschaftsWoche, 3. März 2017, S. 37.

ifo Standpunkt
Clemens Fuest
ifo Institut, München, 2017
ifo Standpunkt Nr. 184
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