Stellungnahme -

ifo Standpunkt Nr. 182: Die Trump Steuer: Eine Revolution für die internationale Unternehmensbesteuerung

US-Präsident Donald Trump hat in den letzten Wochen immer wieder gewarnt: Ausländische Unternehmen, die in den USA ihre Produkte absetzen, dort aber nicht produzieren, sollen mit einer Importsteuer von 35 Prozent bestraft werden. Wie er das umsetzen will, hat er nicht erklärt. Es spricht aber viel dafür, dass er einen Reformplan des republikanischen Kongressabgeordneten Paul Ryan aufgreifen könnte. Dieser Plan sieht keine Zölle vor, sondern eine grundlegende Reform der Besteuerung von Unternehmensgewinnen. Seine Umsetzung würde das System der internationalen Besteuerung revolutionieren.

Bild Clemens Fuest für Standpunkte

Wie funktioniert das neue Steuersystem? Kern der Reform ist ein Grenzausgleich, der bislang nur bei der Mehrwertsteuer existiert, aber nicht bei Einkommen- oder Gewinnsteuern. Nehmen wir als Beispiel den Export eines Kraftfahrzeugs aus Deutschland in die USA. Das exportierende Unternehmen hatte in Deutschland Herstellungskosten von 30.000 Euro, bewertet das Fahrzeug beim Export mit 40.000 Euro, in den USA entstehen 5.000 Euro Vertriebskosten und der Verkaufspreis beträgt 50.000 Euro. Bislang versteuert das Unternehmen einen Gewinn von 10.000 Euro in Deutschland. In den USA fällt ein Gewinn von 5.000 Euro an, das entspricht dem Verkaufspreis abzüglich der Kosten für das importierte Auto und den Vertrieb. Nach dem neuen Steuersystem wären die Kosten für das importierte Auto in den USA nicht mehr abzugsfähig, der steuerpflichtige Gewinn in den USA würde 45.000 Euro betragen. Jetzt kommt es darauf an, wie Deutschland reagiert. Wenn Deutschland bei seinem Steuersystem bleibt, kommt es zu einer Zusatzbelastung dieses Exportgeschäfts, die einem Importzoll in Höhe des US-Steuersatzes gleicht – Ryan hat 20 Prozent vorgeschlagen, Trump will nicht 35, sondern eher 15 Prozent.

Anders wäre die Situation, wenn Deutschland seine Unternehmensbesteuerung ebenfalls auf das US-System umstellen würde. Denn Exporte sind dann ganz steuerbefreit, die Produktionskosten für die Exporte wären trotzdem im Inland abzugsfähig. Das exportierende Unternehmen könnte also die Produktionskosten in Höhe von 30.000 Euro in Deutschland steuerlich geltend machen und beispielsweise von Gewinnen aus im Inland verkauften Autos abziehen. Vergleicht man das bestehende und das neue Steuersystem, dann stellt man fest, dass für das Unternehmen die Summe der steuerpflichtigen Gewinne in Deutschland und den USA in beiden Fällen 15.000 Euro beträgt. Der Unterschied liegt darin, dass die Verteilung der Gewinne massiv in Richtung USA verschoben wird. Dort sind statt 5.000 Euro 45.000 Euro zu versteuern, in Deutschland fällt statt eines Gewinns von 10.000 Euro ein abzugsfähiger Verlust von 30.000 Euro an.

Das sieht auf den ersten Blick nach einer Benachteiligung Deutschlands aus. Es würde aber kein Nachteil entstehen, wenn Deutschland in gleichem Umfang Güter importieren würde. Wenn zum Beispiel Apple in Deutschland iPhones im Wert von ebenfalls 50.000 Euros absetzen würde, bei gleichen Vertriebskosten, müssten hierzulande ebenfalls 45.000 Euro an Gewinnen versteuert werden. Das Problem liegt nun darin, dass Deutschland deutlich mehr Waren exportiert als importiert – der Außenhandelsüberschuss betrug 2015 rund 280 Milliarden Euro, bei einem Gewinnsteuersatz von 30 Prozent würde eine Umstellung auf das Trump-Steuersystem Deutschland Verluste in Höhe von rund 84 Milliarden Euro bescheren. Die Defizitländer würden einschließlich der USA entsprechend an Steueraufkommen gewinnen. Aus globaler Perspektive hätte das neue System den Vorteil, Steuervermeidung multinationaler Unternehmen zu erschweren. Beispielsweise erzielt Apple derzeit einen Großteil seiner Gewinne in Steueroasen, weil die Rechte an der Apple-Technologie dort angesiedelt sind. Im neuen Steuersystem zählt für die Besteuerung nur, wo die Produkte verkauft werden – ob auf den Cayman Islands Briefkastenfirmen Patente verwalten oder nicht, ist irrelevant. Das könnte die Attraktivität der Trump-Steuer für die internationale Staatengemeinschaft steigern. Für Deutschland wäre dieser Vorteil nicht ausreichend, um die durch den Außenhandelsüberschuss bedingten Steueraufkommensverlust auszugleichen. Man könnte allenfalls darauf setzen, dass mit zunehmender Alterung der Bevölkerung auch die deutschen Handelsüberschüsse verschwinden. Bis dahin könnte die Begeisterung der USA für die Trump’sche Steuerrevolution allerdings wieder verflogen sein.

Clemens Fuest
Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft
Präsident des ifo Instituts

Erschienen unter dem Titel „Trumps Steuerrevolution“, Handelsblatt, 9. Februar 2017, S. 48.

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Clemens Fuest
ifo Institut, München, 2017
ifo Standpunkt Nr. 182
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