Projekt

Mögliche Auswirkungen des nationalen Brennstoffemissionshandels auf Carbon Leakage und Wettbewerbsfähigkeit

Auftraggeber: Bundesministerium der Finanzen
Projektlaufzeit: Januar 2020 – März 2020
Bearbeitender Bereich:
Projektteam: Schickfus Marie von / Zimmer, Markus

Fragestellung und Ziele des Projekts

Die Kurzexpertise wurde in Partnerschaft mit dem DIW Berlin im Rahmen eines Vertrags mit dem Bundesministerium der Finanzen erstellt. 

Die Kurzexpertise untersuchte die Auswirkungen der Einführung eines nationalen Emissionshandelssystems auf Carbon Leakage, also die Verlagerung von Emissionen ins Ausland aufgrund gestiegener Kosten im Inland. Das Brennstoffemissionshandelsgesetz sieht Unterstützungsmaßnahmen für betroffene Unternehmen vor, geht allerdings auf die Identifikation der Betroffenheit nicht ein. Ziel der Kurzexpertise war es, einen Überblick über Maßzahlen zur Bestimmung betroffener Wirtschaftszweige zu schaffen und die Betroffenheit anhand der aktuell im EU ETS angewandten Methodik exemplarisch darzustellen.

Methodische Vorgehensweise

In einem Literaturüberblick wurden Maßzahlen zur Carbon-Leakage-Betroffenheit dargestellt und bewertet, die in der Praxis von Emissionshandelssystemen angewendet und in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert werden. Dabei ging die Expertise auf verschiedene Maße für Kostensteigerung aufgrund von CO2-Bepreisung und auf die Handelbarkeit der betroffenen Produkte ein. Auch indirekte Maße, die die Kostensteigerungen oder Exporte entlang der Wertschöpfungskette berücksichtigen, wurden diskutiert. Zudem wurden Praxisbeispiele von nationalen CO2-Steuern beschrieben sowie ein kurzer Überblick über die mögliche Betroffenheit von nicht-Industrie-Sektoren gegeben.

Im zweiten Teil der Kurzexpertise wurde das Carbon-Leakage-Risiko für Industriesektoren beispielhaft quantifiziert. Dabei orientierte sich die Studie an der Methodik, die aktuell im EU-Emissionshandelssystem angewandt wird. Der Anteil der zusätzlichen CO2-Kosten an der Bruttowertschöpfung und die Handelsintensität wurde auf vierstelliger Wirtschaftszweigebene berechnet. Da Emissionen, die bereits dem EU-Emissionshandelssystem unterliegen, vom nationalen Emissionshandelssystem ausgenommen sind, wurden diese gesondert identifiziert und ausgewiesen.

Datenquellen

Statistisches Bundesamt, Kostenstrukturerhebung
Statistisches Bundesamt, Erhebung über die Energieverwendung
Statistisches Bundesamt, Investitionserhebung der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe
Umweltbundesamt,  Kohlendioxid-Emissionsfaktoren für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen 1990-2017
Europäische Kommission, Generaldirektion Energie: Weekly Oil Bulletin
Europäische Kommission, EU Transaction Log
Europäische Kommission,  NACE Matching Table

Ergebnisse

Die erwarteten CO2-Kosten relativ zur Bruttowertschöpfung ergeben sich als vielversprechendstes Unterscheidungsmerkmal, um Branchen zu identifizieren, die besonders von Carbon Leakage betroffen sind. Handelsintensitäten bieten keine Unterscheidung zwischen Sektoren, da der Handel zwischen Deutschland und dem Ausland für alle Sektoren stark ausgeprägt ist. Indirekte Ansätze zur Messung der Betroffenheit, die (internationale) Verflechtungen in Wertschöpfungsketten berücksichtigen, sind eine theoretische Alternative zur Messung der direkten Betroffenheit. Sie büßen ihre Vorteile in der Praxis jedoch durch mangelnde Datenverfügbarkeit auf disaggregierter Ebene und durch den Verlust der Replizierbarkeit ein.

Die quantitative Analyse zeigt, dass die Carbon-Leakage-Risiken durch das nationale Emissionshandelssystem erheblich kleiner ausfallen als im europäischen Emissionshandel und sich in der Industrie auf wenige Sektoren beschränken. Die am stärksten vom nationalen Brennstoffemissionshandel betroffenen Sektoren unterliegen teilweise bereits dem EU ETS. In diesen Sektoren haben also manche Unternehmen CO2-Kosten durch den nationalen Brennstoffemissionshandel, andere nicht. Die im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vorgesehenen Investitionszuschüsse für betroffene Unternehmen sollten sich an den unternehmensspezifisch nachgewiesenen Mehrkosten orientieren. Anhand erster Analysen liegen die Investitionen der am meisten betroffenen Sektoren um ein Vielfaches höher als die potentiellen Kostenanstiege: Eine Kompensation der zusätzlichen CO2-Kosten über moderate Investitionsförderungen, beispielsweise für Effizienzmaßnahmen, scheint möglich.
 

Kontakt
Prof. Dr. Karen Pittel

Prof. Dr. Karen Pittel

Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen
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