Projekt

Methodisches Kurzgutachten zur Steuerschätzung: Einfluss der Lohnspreizung und der Haushaltszusammensetzung auf die Ableitungsdifferenz bei der Lohnsteuer

Auftraggeber: Bundesministerium der Finanzen
Projektlaufzeit: März 2019 - August 2019
Bearbeitender Bereich:
Projektteam: Externe Kooperationspartner: IfW Kiel, RWI Essen

Fragestellung und Ziele des Projekts

Die Ableitung der Lohnsteuer im Rahmen der Steuerschätzung basiert auf einer Fortschreibung anhand der Prognosen zu Beschäftigung und pro-Kopf-Löhnen entsprechend der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR). Auch wenn die Ergebnisse dieser Fortschreibung der Lohnsteuer recht genau sind, kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Abweichungen und in der Tendenz zu einer leichten Unterschätzung des tatsächlichen Aufkommens. Ursachen für diese Ableitungsdifferenzen können vielfältig sein. Die Schwerpunkte der Analysesind die Effekte von Veränderungen der Lohnverteilung und der relativen Besetzung von Lohnsteuerklassen bzw. der Veränderung von gesellschaftlichen und demografischen Strukturen. Dafür werden Mikrodaten des Sozio-okonomischen Panels (SOEP) und eine Sonderauswertung der Lohnsteuerstatistik herangezogen. Wegen des progressiven Steuertarifs können Veränderungen der relativen Lohnverteilung das Steueraufkommen jenseits der Entwicklung der makroökonomischen Aggregate beeinflussen. Bei der Veränderung der Besetzung der Lohnsteuerklassen geht es vorwiegend um das Ausmaß der Inanspruchnahme des Ehegattensplittings.

Methodische Vorgehensweise

Deskriptive Auswertung der Mikrodaten und Vergleich mit der amtlichen Statistik, Mikrosimulation des Steueraufkommens, Vergleich der simulierten Ableitungsdifferenz mit der des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“.

Datenquellen

Als Datengrundlage für die Simulation dienen das Sozio-oekonomische Panel (SOEP), eine Sonderauswertung zur Lohn- und Einkommensteuerstatistik, Steuer- und Arbeitsmarktdaten des Statistischen Bundesamtes und die Schätzungen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“.

Ergebnisse

Die Hypothese, dass ein Anstieg der Lohnungleichheit zu einer systematischen Unterschätzung des Lohnsteueraufkommens geführt hat, kann verworfen werden. Auf Basis des SOEP lassen sich jedoch drei Beobachtungen machen, die die These, dass Veränderungen in der Besetzung der Lohnsteuerklassen über die Zeit zu einem Anstieg des Steueraufkommens führen, stützen. Erstens ist der Anteil der Singlehaushalte seit Beginn der 1980er kontinuierlich angestiegen. Zweitens ist die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen in diesem Zeitraum kontinuierlich angestiegen. Drittens ist das Arbeitseinkommen von Zweitverdienern relativ zum Arbeitseinkommen von Erstverdienern in den vergangen zehn Jahren durchgehend angestiegen. Diese Entwicklungen führen zu einer geringeren Bedeutung des Ehegattensplittings.

Für die Ableitung der Lohnsteuer lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen. Die Tendenz zu positiven Ableitungsdifferenzen beruht vorwiegend auf der Missachtung gesellschaftlicher und demografischer Trends in der Ableitung: Diese führen dazu, dass sich die relative Steuerklassenverteilung zu Gunsten der Steuerklasse I und zu Lasten der Steuerklasse III entwickelt.  Zwar hat die Lohnverteilung ebenfalls Einfluss, doch hat diese über die Zeit wohl in unterschiedliche Richtungen gewirkt. Für die Ableitung der Lohnsteuer lässt sich in der Summe eine positive Ableitungsdifferenz rechtfertigen: auch in der Fortschreibung angesichts der anhaltenden gesellschaftlichen und demografischen Trends.

Publikationen zum Projekt

Monographie (Autorenschaft)
Jens Boysen-Hogrefe, Marcell Göttert, Philipp Jäger, Robin Jessen
ifw Kiel Institut für Weltwirtschaft, Kiel, 2020
Kieler Beiträge zur Wirtschaftspolitik Nr. 25

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