Projekt

Heimliche Steuererhöhungen - Belastungswirkungen der Kalten Progression und Entlastungswirkungen eines Einkommensteuertarifs auf Rädern

Auftraggeber: FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz
Projektlaufzeit: Juni 2016 - Oktober 2016
Bearbeitender Bereich:
Projektteam: Clemens Fuest, Niklas Potrafke, Björn Kauder, Florian Dorn, Luisa Lorenz, Martin Mosler

Fragestellung und Ziel des Projekts

Die Untersuchung hat zum Ziel, das Ausmaß der Kalten Progression zu quantifizieren, ökonomisch zu bewerten, und Reformoptionen aufzuzeigen.

Methodische Vorgehensweise

Im Rahmen des Forschungsprojekts wird abgeschätzt, in welcher Höhe die Einnahmen aus der Einkommensteuer in Deutschland zwischen 2010 und 2016 durch den Effekt der Kalten Progression gestiegen sind. Anhand von unterschiedlichen Einkommensverhältnissen und stilisierten Annahmen zur familiären Situation wird der Effekt der Kalten Progression beispielhaft simuliert. Zusätzlich wird das Aufwachsen der Kalten Progression in den Jahren bis 2030 unter der Annahme der Abwesenheit von Reformen quantifiziert. Dazu werden Annahmen zur langfristigen Entwicklung von Inflation, Beschäftigung und Reallohnsteigerungen getroffen. Die Studie bewertet das Phänomen der Kalten Progression (polit-)ökonomisch auch unter dem Augenmerk des Konzepts einer dauerhaften Steuergerechtigkeit.

Schließlich wird als Reformoption das Modell des „Tarifs auf Rädern“, die regelmäßige Anpassung der Eckwerte des Steuertarifs an die Entwicklung von Inflation und Bruttolöhnen, vorgestellt. Diese Entlastung wird für verschiedene Einkommensgruppen simuliert und ihre gesamtwirtschaftliche Höhe gemessen. In der Studie werden die Steuermindereinnahmen quantifiziert, sowie unter Berücksichtigung von Multiplikatoreffekten die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen auf Realeinkommen und BIP-Potenzial abgeschätzt.

Datenquellen

Statistische Landesämter, Statistisches Bundesamt

Ergebnisse

Das Projektergebnis wurde auf einer Pressekonferenz in Berlin am 27.10.2016 von Clemens Fuest vorgetragen.

  • Die Kalte Progression schwächt die Verteilungswirkungen des Steuersystems und führt zu einer Ausweitung der Steuerquote, die sich der demokratischen Kontrolle entzieht. Die Beseitigung der Kalten Progression ist somit angezeigt.
  • In der öffentlichen Debatte wird zumeist auf die Kalte Progression im engeren Sinne fokussiert, die lediglich den Effekt steigender Preise berücksichtigt. Diese Kalte Progression im engeren Sinne allein führte zu Steuermehreinnahmen von 33,5 Mrd. Euro im Zeitraum von 2011 bis 2016. Berücksichtigt man auch den Effekt steigender Reallöhne (Kalte Progression im weiteren Sinne), ergeben sich in diesem Zeitraum aufsummiert Steuermehreinnahmen von 70,1 Mrd. Euro.
  • Die Belastungswirkungen durch die Kalte Progression sind nicht gleich über die Einkommensteuerzahler verteilt. Besonders Einkommensteuerzahler im Bereich geringer und mittlerer Einkommen leiden unter der Kalten Progression.
  • Die Kalte Progression im engeren Sinne verursacht einen Anstieg des Einkommensteueraufkommens im Zeitraum 2017 bis 2030 von insgesamt 314,9 Mrd. Euro. Möchte man die Steuerquote konstant halten, betrachtet man also die Kalte Progression im weiteren Sinne, so liegen die kumulierten „heimlichen“ Steuermehreinnahmen gar bei 433,6 Mrd. Euro.
  • Es wird ein „Tarif auf Rädern“ vorgeschlagen, bei dem die Steuertarifparameter und Progressionszonen an die Inflation und das Wachstum der Realeinkommen gekoppelt sind (Kalte Progression im weiteren Sinne), um die Steuerquote ceteris paribus konstant zu halten.
  • Auch bei einem Tarif auf Rädern wachsen die Staatseinnahmen weiter an: Sogar bei einer Berücksichtigung der Kalten Progression im weiteren Sinne steigen die Staatseinnahmen noch proportional mit dem Wachstum von Preisniveau und Reallöhnen.

Veröffentlichungen

  1. Dorn, Florian, Clemens Fuest, Björn Kauder, Luisa Lorenz, Martin Mosler und Potrafke. Niklas,"Die Kalte Progression – Verteilungswirkungen eines Einkommensteuertarifs auf Rädern", ifo Schnelldienst 70 (03), 2017, 28–39 | PDF Download

  2. Dorn, Florian, Clemens Fuest, Björn Kauder, Luisa Lorenz, Martin Mosler und Niklas Potrafke,"Steuererhöhungen durch die Hintertür – fiskalische Aufkommenswirkungen der Kalten Progression", ifo Schnelldienst 70 (02), 2017, 51–58 | PDF Download

  3. Fuest, Clemens, Björn Kauder, Luisa Lorenz, Martin Mosler, Niklas Potrafke und Florian Dorn,Heimliche Steuererhöhungen – Belastungswirkungen der Kalten Progression und Entlastungswirkungen eines Einkommensteuertarifs auf Rädern, ifo Forschungsberichte 76, ifo Institut, 2016 | PDF Download

Kontakt
Prof. Dr. Niklas Potrafke

Prof. Dr. Niklas Potrafke

Leiter des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie
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