Gastbeitrag

Helfen grüne Finanzanlagen wirklich beim Klimaschutz?

Finanzexperte Marcel Thum bezweifelt in einer Studie den Einfluss grüner Finanzanlagen auf Nachhaltigkeit. Was stattdessen helfen könnte.


Quelle:
Sächsische Zeitung

„Grüne“ Aktien, Anleihen und Fonds leisten nur bedingt einen Beitrag zum Klimaschutz und zum Wandel der Gesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit. Das behaupten das Leibnutz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE in Frankfurt, die European School of Management and Technology (EMST) in Berlin und das Ifo-Leibnitz-Institut Dresden in einer am Donnerstag vorgelegten, gemeinsamen Studie. Green Finance weise nicht unbedingt die positiven Eigenschaften auf, die Anlegerinnen und Anleger sich von ihnen erhofften. Es gebe in Unternehmen und im Staatshaushalt keine ursächliche Verknüpfung zwischen grünen Finanzanlagen und einer Verwendung der Gelder für grüne Zwecke, sagt Marcel Thum, Leiter des Ifo-Instituts in Dresden. Die Autoren sprechen von einer „naiven“ Interpretation von grünen Finanzprodukten.

„Wer in grüne Finanzanlagen investiert, macht dadurch zwar sein eigenes Portfolio grüner“, sagt Professor Pieter Krahnen, Direktor des SAFE-Instituts. „Aber es ändert sich nichts an den Emissionen der Gesamtwirtschaft“. Unternehmen, die grüne Aktien emittierten, wirtschafteten allein dadurch nicht nachhaltiger. Auch eine Einbringung von Aktien von Firmen, die ökologisch verantwortlich arbeiteten, in einen Fonds führe nicht zu einer Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Produktion. Ähnlich ist es bei grünen Bundesanleihen, heißt es in der Studie. Sie ersetzten lediglich konventionelle durch grüne Anleihen. „Durch grüne Staatsanleihen werden dem Bundeshaushalt keine zusätzlichen Mittel zur nachhaltigen Transformation zur Verfügung gestellt“, sagt ESMT-Präsident Jörg Rocholl. Würden Anlegerinnen und Anleger grüne Staatsanleihen kaufen könne dies also keine direkte Einflussnahme auf den Klimaschutz geben.

1,2 Billionen Dollar in grünen Anlagen

Schätzungen zufolge waren im Jahr 2020 weltweit 1,7 Billionen Dollar in grüne Anlagen investiert. Große Vermögensverwalter und Fondsanbieter wie BlackRock und hierzulande DWS, Union Investment und Deka rücken grüne und nachhaltige Anlagen immer weiter in den Vordergrund. Doch dieser nach Ansicht der Studie „dramatische“ Wandel hat viel weniger Auswirkungen auf einer Veränderung von Wirtschaft und Unternehmen als gedacht. „Viele der Nachhaltigkeitsversprechen von Fondsmanagern entpuppen sich als billiges Gerede mit nur einer geringen Wirkung in der realen Wirtschaft, Wenn überhaupt“, schreiben die Autoren. Grund sei die Schwierigkeit, eine Verknüpfung zwischen den Finanzanlagen und den Investitionen in einem verständlichen und nachvollziehbaren Weg aufzeigen zu können. Dies ist nach Ansicht der Autoren allenfalls bei den CO 2-Emissionen möglich. Sie erwarten auch keine entscheidende Abhilfe durch die EU-Taxonomie, die definieren soll was grün und nachhaltig ist und was nicht. Generell aber sei ein politischer Regulierungsrahmen wichtig und bewirke mehr als privates Engagement. So ließe sich der Schadstoffausstoß ,mittels eines Emissionshandelssystems erheblich verringern, so dass ein machbarer Anpassungspfad in Richtung einer CO 2-neutalen Gesellschaft erreicht werde.

Anleger müssten bereit sein zu Renditeeinbußen

Statt mit dem Kauf grüner Aktien könnten Privatanlegerinnen und -Anleger, so die Studie, mehr bewirken, wenn sie sich persönlich oder über Fondsmanager aktiv in die Entscheidungsprozesse der Unternehmen einbringen würden, um so eine tatsächliche Änderung in der Produktion hin zu mehr Nachhaltigkeit anzustoßen. „Dabei müssen sie aber bereit sein, Renditeeinbußen hinzunehmen, denn eine grüne Unternehmenspolitik geht in der Regel zulasten der Erträge“, behauptet Ifo-Direktor Thum.

Eine detaillierte Analyse der von ihr emittierten grünen Anleihen hat die staatliche Förderbank KfW vorgelegt. Seit 2014 hat sie Green Bonds im Volumen von insgesamt 45.9 Milliarden Euro ausgegeben, Durch die bisher aufgelegten Green Bonds und damit finanzierten Maßnahmen und Projekte hätten sich die eingesparten Treibhausgas-Emissionen der Impact- und Wirkungsanalyse der Bank zufolge bis Ende 2020 auf knapp 15,7 Millionen Tonnen CO 2-Equivalente summiert. Knapp 20 Millionen Megawattstunden (MWh) Strom aus Erneuerbare Energien seien produziert, eine zusätzliche Kapazität an Erneuerbaren Energien von 11.000 Megawatt finanziert und knapp 424.000 Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen worden.

 

 

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