Populismus

Der Populismus erlebt nicht nur in den USA, sondern auch in Europa seit einigen Jahren einen Höhenflug. Das zeigt sich an der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten, der Regierungskrise in Großbritannien, den Zugewinnen des Rassemblement National in Frankreich, der AfD in Deutschland und den Erfolgen der Lega und der Cinque Stelle in Italien.

Menschenmenge protestiert
Menschenmenge protestiert

Auch im Europaparlament sind populistische Gruppierungen eine feste Größe: Der Kampf um Wählerstimmen zwischen den Vertretern eines „Europas der Vaterländer“ und den Proeuropäern bestimmte die Wahl im Mai 2019. Ergebnis: Die Fraktion der Rechtspopulisten ist mit 73 von 750 Sitzen im neuen Europaparlament vertreten. Populisten stellen Grundlagen unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in Frage, neben der europäischen Integration und des Pluralismus auch die freien Güter- und Faktormärkte.

In Deutschland zeigen die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg im September 2019, dass sich die Wählergunst im Wandel befindet. An den Rändern der etablierten Parteien entstehen Räume für neue, teilweise radikale Gruppierungen. Die beiden großen Volksparteien haben herbe Verluste erlitten, und die AfD hat sich als drittstärkste Kraft etabliert.

Was ist Populismus?

Das Wort Populismus kommt von populus, lateinisch für das Volk. Populisten nehmen für sich in Anspruch, „das einfache Volk“ zu vertreten. Im Gegensatz dazu steht die „Elite“, die als korrupt dargestellt wird und dem Volk den Wohlstand und seine Identität stiehlt. Für sich selbst nehmen Populisten in Anspruch, die wahren Interessenvertreter des Volks, des „einfachen Mannes von der Straße“ zu sein und definieren ihre Politik als Ausdruck des wahren Volkswillens. Populisten behaupten, Politik für Menschen zu machen, die Angst um ihren Status in der Gesellschaft haben und sich vom politischen Establishment verlassen fühlen. Der „regierenden Elite“ werfen sie Versagen vor. Die Globalisierung und den internationalen Handel machen sie für wirtschaftliche Schwierigkeiten verantwortlich. Sie lehnen Migration ebenso ab, wie auch die wirtschaftliche und politische Integration Europas. Die Schaffung supranationaler Institutionen, des Binnenmarktes und des Euro sind für sie Ausweis eines Verlustes an nationalstaatlicher Souveränität. Populistische Politik lehnt Kompromisse sowie Gewaltenteilung ab und bevorzugt stattdessen stark vereinfachende Lösungen.


Was sind die Ursachen ihres Erfolgs?

Viele glauben, dass die fortschreitende Globalisierung, einschließlich des internationalen Handels, der Kapitalmobilität und besonders der Migration, und die daraus resultierende wachsende Ungleichheit ein Nährboden für populistische Strömungen ist. Ein weiterer begünstigender Faktor sind Wirtschaftskrisen, die zu Verschuldung, Arbeitslosigkeit und stagnierenden Löhnen führen. Das ließ sich nach der Finanzkrise beobachten, die in eine weltweite Rezession und eine Schuldenkrise innerhalb der Eurozone mündete. Die Menschen gewinnen den Eindruck, an Wohlstand zu verlieren, fürchten einen sozialen Abstieg und fühlen sich ökonomisch „abgehängt“ und vom gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgeschlossen. Zudem spielen Informationslücken, Unsicherheit und Vorurteile in Bezug auf andere Kulturen und Religionen sowie mangelnde Bildung eine wichtige Rolle für den Erfolg der populistischen Parteien.


Was sind die richtigen Antworten auf den Populismus?

Im Rahmen seiner Forschungstätigkeit beschäftigt sich das ifo Institut mit der Frage, welche sozialen Kanäle und lokalen Netzwerke Populisten benutzen, wie sie von diesen profitieren und welche Rolle andere Faktoren wie historische Wurzeln, Vertrauen in die etablierte Politik, Bildung oder Ungleichheit für den Erfolg populistischer Parteien spielen. So zeigt Felix Rösel von der Niederlassung Dresden des ifo Instituts, dass nicht das ökonomische Ungerechtigkeitsgefühl, sondern die Ablehnung von gesellschaftlicher Vielfalt und staatlichen Institutionen mit dem größeren Erfolg der AfD bei den Bundestagwahlen 2017 in Ostdeutschland einhergeht. Es fehlt an Toleranz und Vertrauen.

Nach Einschätzung von ifo-Präsident Clemens Fuest ist nicht der Wohlfahrtsstaat, der alles regelt, sondern eine freiheitliche Wirtschaftspolitik die richtige Antwort auf Populismus. Wettbewerb und offene Märkte bei einer effektiven Regulierung, einem starken Sozialstaat und Diversität sind die Grundlagen für Wohlstand und Freiheit.

 

„Populismus und Entdemokratisierung verursachen derzeit politische Turbulenzen in Europa. Wir wissen heute noch gar nicht, welche weitreichenden Konsequenzen das haben wird.“

Prof. Dr. Niklas Potrafke, Leiter ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie

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Prof. Dr. Niklas Potrafke

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