Aufsatz in Zeitschrift

Die Post-Covid-19-Wirtschaft: Welche unerwarteten Spuren hinterlässt die Krise in Branchen, Regionen und Strukturen

Klaus-Heiner Röhl, Joachim Ragnitz, Ulrich Walwei, Timo Wollmershäuser, Justus Haucap, Jarko Fidrmuc, Florian Horky, Philipp Reichle, Fabian Reck, Birgit Felden
ifo Institut, München, 2021

ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 03, 03-25

Klaus-Heiner Röhl, Institut der deutschen Wirtschaft, sieht die Möglichkeit einer „Zombifizierung“ mancher Branchen, die, neben einer anhaltenden Investitionsschwäche, zu einem Hindernis des Aufschwungs werden könnte. Je länger der Lockdown und die Beeinträchtigungen andauern, desto eher seien nachhaltige Strukturschäden für die Wirtschaft zu erwarten.

Joachim Ragnitz, ifo Niederlassung Dresden, sieht gegenwärtig wenig Anlass zu der Befürchtung, dass die Corona-Pandemie die regionalen Disparitäten in Deutschland verschärfen könnte. Insoweit bestehe auch kein Grund, über die zweifellos notwendigen Maßnahmen zur Unterstützung besonders betroffener Unternehmen und Branchen hinaus, die regionale Wirtschaftsförderung entsprechend zu modifizieren.

Ulrich Walwei, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, erläutert, warum, Kurzarbeit auch in der noch andauernden Coronakrise ein effektives Instrument zur Stabilisierung von Arbeitsplätzen ist und ein ansonsten drohendes Abgleiten in eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale verhindert. Mit einer sich verbessernden wirtschaftlichen Lage sollte die großzügige Gewährung von Kurzarbeit aber Zug um Zug zurückgefahren werden.

Timo Wollmershäuser, ifo Institut, zeigt, dass die staatlichen Maßnahmen eine Corona-Insolvenzwelle bremsen. Neben der Aussetzung der Pflicht zur Anmeldung einer Insolvenz haben vor allem die Sofort- und Überbrückungshilfen des Bundes und der Länder dazu beigetragen. Dies gehe aus Schätzungen hervor, die auf historischen Zusammenhängen zwischen Konjunktur, Unternehmensgewinnen und Insolvenzgeschehen beruhen.

Justus Haucap, Universität Düsseldorf, befürchtet, erwartet, dass ein Strukturwandel im Handel zu einer Verödung von Innenstädten in kleinen und mittleren Städten führen könnte: Nicht nur im stationären Fachhandel, sondern auch in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft, insbesondere bei kundennahen Dienstleistungen wie in der Gastronomie, im Tourismus, bei Anbietern von Kultur- und Freizeitangeboten oder im Eventbereich seien die Einbrüche im Lockdown massiv.

Jarko Fidrmuc, Florian Horky, Philipp Reichle und Fabian Reck, Zeppelin Universität Friedrichshafen, untersuchen die Auswirkungen der Coronakrise auf die Sharing Economy, die aufgrund ihres impliziten sozialen Charakters hart getroffen wird. So ist der Umsatz von Airbnb im März 2020 um nahezu zwei Drittel eingebrochen. Auch Anbieter im Bereich Carsharing erfahren durch die Covid-19-Pandemie Beschränkungen. Aber lokale Tourismusangebote und innovative Mobilitätslösungen könnten zur Kontrolle der Pandemie beitragen. Beide Aspekte bieten somit auch Chancen für die Sharing Economy.

Birgit Felden, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, sieht für den Mittelstand Risiken, aber auch Chancen durch die Coronakrise. Zu den Verlierern dürften vor allem neben dem Tourismus, der Gastronomie und den Kinos auch Automobilzulieferer und der Einzelhandel gehören, typische mittelständische Familienunternehmen also, die nicht selten ihr gesamtes Geschäftsmodell hinterfragen müssten. Auf der anderen Seite habe der erste Shutdown hat zu einem wahren Digitalisierungsschub geführt, der sich auch nach Corona halten werde.

Schlagwörter: Regionaler Strukturwandel, Regionaler Arbeitsmarkt, Unterbeschäftigung, Regionale Wirtschaftsentwicklung, Räumliche Verteilung, Unternehmen, Insolvenz, Share Economy, Epidemie
JEL Klassifikation: R100, J210, J640

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ifo Institut, München, 2021