Aufsatz in Zeitschrift

Bankenmarkt: Droht ein neuer Deregulierungswettbewerb mit Risiken für die europäischen Banken?

Jörg Rocholl, Markus Demary, Iris Bethge, Silvio Andrae, Martin Hellmich, Federico Foders, Jan Ceyssens
ifo Institut, München, 2017

ifo Schnelldienst, 2017, 70, Nr. 15, 03-18

Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Bankenregulierung ändern zu wollen, lässt die meisten Experten befürchten, dass er die Regeln für die Banken erheblich lockern wird. Ein weiterer Impuls für Deregulierungen könnte von dem Brexit ausgehen. Welche Risiken hätte ein Abwärtswettbewerb für die europäischen Banken? Jörg Rocholl, ESMT Berlin, erinnert an die Belastungen für die Steuerzahler, die durch die Finanzkrise verursacht wurden und die nicht nur die öffentlichen Finanzen, sondern auch das Vertrauen in die Marktwirtschaft einer harten Belastungsprobe ausgesetzt haben. Angesichts der Töne aus den USA bleibe die Gefahr einer Deregulierung bestehen, die unweigerlich die Risiken einer nächsten Krise und damit weiterer Lasten für die Steuerzahler erhöhen würde. Markus Demary, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, sieht die Möglichkeit, dass sich der Handel von der EU in die dann weniger stark regulierten USA verschieben könnte. Die EU sollte aber auf die Deregulierungsschritte der US nicht auch mit einer Deregulierung reagieren. Die Beibehaltung der hohen europäischen Standards sei notwendig, um die europäischen Banken gegen mögliche neue Risiken aus den USA zu stabilisieren. Auch Iris Bethge, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, befürchtet, dass die neue US-Regierung und der Brexit zu stärkerer Deregulierung führen könnten. Die EU und Deutschland sollten auf mögliche, einseitige Deregulierungsbestrebungen eine »Regulierungspause« einlegen. Jede zusätzliche Regulierung, die für die europäischen Finanzmärkte gelte, von anderen Finanzplätzen aber nicht eingehalten werde, schwäche die Wettbewerbssituation. Die beste Antwort, die Europa auf die einseitigen Deregulierungsaktivitäten der US-Administration finden kann, ist nach Ansicht von Silvio Andrae, Deutscher Sparkassen- und Giroverband, und Martin Hellmich, Frankfurt School of Finance & Management, die europaweite Konsolidierung der eigenen Bankenindustrie und die Schaffung eines integrierten Kapitalmarkts. Daher müssten die Banken- und die Kapitalmarktunion konsequent weiter vorangetrieben und finalisiert werden. Für Federico Foders, ehem. Institut für Weltwirtschaft, deutet sich bereits ein Regulierungsgefälle zwischen Europa und den USA an, das für amerikanische Banken einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren europäischen Konkurrenten darstellen könnte. Wichtig für Europa wäre, dass der Weg in eine Bankenunion nicht von einem ungeordneten Deregulierungswettbewerb unterbrochen oder gar verzögert würde. Jan Ceyssens, EU-Kommission, weist darauf hin, dass es Europa in den letzten Jahren gelungen sei, die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Finanzsektor deutlich zu stärken. Im europäischen Rahmen gelte es vor allem sicherzustellen, dass die durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hervorgerufenen Strukturveränderungen des Finanzsektors von den Mitgliedstaaten nicht als Auftakt zu einer neuen Welle des Wettbewerbs um die attraktivsten Standortbedingungen missverstanden werden.

Schlagwörter: Bank, Bankenregulierung, Deregulierung, Wettbewerbspolitik
JEL Klassifikation: G010, G210, G280

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