Aufsatz in Zeitschrift

Ökonomische Konvergenz und Divergenz in Europa

Michael Grömling, Hartmut Bechtold, Markus Demary, Michael Dauderstädt, Heinz-Jürgen Axt
ifo Institut, München, 2016

ifo Schnelldienst, 2016, 69, Nr. 17, 03-18

Handelsliberalisierung, freier Kapitalverkehr sowie die Mobilität der Arbeitskräfte fördern Wirtschaftswachstum und wirtschaftliche Konvergenz zwischen Staaten, aber auch Regionen. Dieser neoklassische Theorieansatz ist die wichtigste ökonomische Grundlage für die europäische Einigung. Wirtschaftliche Integration ist demnach nicht nur für reiche, sondern auch für ärmere Mitgliedsländer bzw. Regionen förderlich. Diese Theorie geht allerdings von restriktiven Annahmen aus und steht deshalb vielfach in der Kritik. Ein anderer Ansatz verweist auf die Wirkung von Agglomerations- und Skaleneffekten, die der Konvergenzthese entgegenstehen. Empirisch sind beide Entwicklungstrends zu beobachten. So konnte man in der Europäischen Union über viele Jahrzehnte feststellen, wie sich Mitgliedsländer ökonomisch annäherten, dann jedoch in den Jahren nach der Finanz- und Schuldenkrise wieder auseinander entwickelten. Wächst die Europäische Union wirtschaftlich, sozial und letztlich auch politisch zusammen, oder driftet sie eher auseinander? Und welche Faktoren sind für den jeweiligen Entwicklungstrend verantwortlich? Zu diesen Fragen fand vom 8. bis 10. Juli 2016 eine wissenschaftliche Tagung unter der Leitung von Dr. Wolfgang Quaisser in der Akademie für Politische Bildung Tutzing statt. Einige der dort vorgetragenen Beiträge sind hier dokumentiert: Nach Ansicht von Michael Grömling, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, sind die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse kein Grund für Sanktionen. Die hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse in den vergangenen zehn Jahren seien die Folge eines asymmetrischen Schocks und einer spezifischen Wirtschaftsstruktur. Damit sei Deutschland nicht auf Kosten anderer EWU-Länder gewachsen und habe somit auch keine Probleme und Anpassungslasten in der EWU ausgelöst. Hartmut Bechtold, True Sale International GmbH, Frankfurt am Main, und Markus Demary, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, legen dar, dass die Kapitalmarktintegration in Europa über die Verbriefungsmärkte verbessert werden kann. Die erforderliche geographische Diversifikation von Kreditrisiken könne nur über die Verbriefung erreicht werden, die das europäische Modell der Kapitalmarktintegration sei. Michael Dauderstädt, ehem. Friedrich- Ebert-Stiftung, Bonn, diskutiert den Grad der Konvergenz zwischen reichen und armen Staaten in der EU und weist darauf hin, dass in der Eurozone – zumindest seit 1999 – die Divergenz dominiert. Heinz-Jürgen Axt, Universität Duisburg- Essen und Gastprofessor an der Universität des Saarlandes, zeigt, dass es der Strukturpolitik trotz erheblichen Mitteileinsatzes nur in geringem Maße gelingt, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, und schlägt statt einer weitgehend flächendeckenden Förderung eine Konzentration auf Wachstumskerne vor.

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Zeitschrift (Einzelheft)
ifo Institut, München, 2016